Konzerte für die Kleinsten

An den Konzerte dürfen die Zuschauer auf dem roten Teppich Platz nehmen. (Bild: Silvia Luckner)

STÄFA. Letizia Fiorenza und Regula Schwarzenbach möchten mit Musik Kindern die «Ohren öffnen». Sie veranstalten Kinderkonzerte in Stäfa.

Wer als Kind immer Büchsen-Ravioli gegessen hat und erst als Jugendlicher zum ersten Mal selbstgemachte isst, dem fehle der Büchsen-Geschmack, sagt Letizia Fiorenza. Gegen Unbekanntes entwickle man oft eine Abwehrhaltung. «Dabei macht doch genau die Spanne zwischen den Büchsen-Ravioli und den selbstgemachten das Leben aus.»

Zusammen mit ihrer Kollegin Regula Schwarzenbach beschäftigt Fiorenza sich zwar nicht mit Kulinarischem, aber damit, Kindern Unbekanntes näherzubringen – und das im Bereich der Musik. Die beiden veranstalten Konzerte für Kleinkinder ab Geburt bis vier Jahren. Bisher fanden diese in Uster statt, neu kommen Fiorenza und Schwarzenbach mit ihrem Ensemble auch nach Stäfa in die «im puls-werkstatt». Schwarzenbach bietet dort bereits Kurse in «Musik lernen» an. Das Rüstzeug dafür haben die Künstlerinnen sich während ihrer Ausbildung in Music Learning Theory in Rom erworben. Die Theorie über das Lernen von Musik wurde vom Amerikaner Edwin E. Gordon entwickelt und beschreibt, wie ein Kind von den ersten Lebenswochen an Musik lernt. Sie besagt unter anderem, dass ein Kind, das von klein auf mit Musik vertraut gemacht wird, die Chance bekommt, einen eigenen musikalischen Wortschatz zu bilden.

Nur so lange die Geduld reicht
Im Gegensatz zu anderen Kinder-Konzerten stehen bei Fiorenza und Schwarzenbach nicht Geschichten im Mittelpunkt, sondern Melodien. Gespielt und gesungen werden Stücke aus den Bereichen Klassik, Jazz und Folk – die meisten dauern nicht länger als zwei Minuten, und das Konzert ist auf eine halbe Stunde beschränkt. «Diese Zeitspanne ist perfekt – so lange haben die Kinder Geduld, zuzuhören», sagt die Flötistin Schwarzenbach.

Die Musikstücke werden absichtlich nicht für die Kinder vereinfacht. «Dadurch, dass die Kinder so früh mit komplexeren Stücken in Berührung kommen, werden sie von ihnen später nicht mehr als schwierig und fremd wahrgenommen », sagt die Ustermer Sängerin Fiorenza. Beim Lernen von Musik verhalte es sich nämlich ähnlich wie mit dem Lernen der Sprache: «Mit einem Kleinkind sprechen wir beispielsweise nicht nur im Infinitiv», erklärt Fiorenza. «Verben und Nomen zu bestimmen, muss es jedoch erst später lernen.»

Im Bereich der Musik werde zuerst das «innere Instrument» – also das Hirn – auf die Musik vorbereitet, erst dann könne ein motorisch komplexes Instrument gelernt werden. Ziel von Fiorenza und Schwarzenbach ist es aber keineswegs, anhand ihrer Konzerte «Tausende kleiner Mozarts auszubilden», wie sie sagen. «Wir möchten den Kindern Freude vermitteln und die Ohren öffnen.»

Kinder mit Musik umarmen
An ihren Konzerten soll eine kleine Oase für Erwachsene und Kinder geschaffen werden, sagt Fiorenza. Die grossen und kleinen Zuhörer sitzen in der Mitte eines Raumes auf roten Teppichen, fünf Musiker positionieren sich rund um sie herum. «Das gibt einen anderen Abstand zwischen den Musikern und dem Publikum», erklärt Schwarzenbach und ergänzt: «Die Kinder sollen von der Musik umarmt werden.»

Ihre Auftritte verstehen die Musikerinnen weniger als Performance denn als ein Miteinander – obwohl niemand spricht und die Kinder nicht animiert werden. «Sie dürfen herumrennen, kriechen und tanzen, müssen aber nicht», sagt Fiorenza. Die Reaktionen der Kleinen fallen sehr unterschiedlich aus: Einige blieben während des ganzen Konzertes bei ihrer Begleitperson, andere ziehe es sofort zu einem Instrument, von dem sie sich dann die ganzen 30 Minuten nicht abwenden können.

Da die Kinder sich auch gegenseitig beeinflussen, werden jeweils zwei Konzerte durchgeführt: eines für Kinder zwischen 0 und 24 Monaten und eines für Kinder zwischen 24 und 48 Monaten. «Bei den Babys musizieren wir automatisch etwas feiner», sagt Fiorenza. Ansonsten gebe es keine Unterschiede im Programm. «Wir spielen mit der Offenheit der Kinder und lassen sie in die unbekannte Musik eintauchen.»

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